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Warum auch beim Branding «Digital First» gilt

Wer an Branding denkt, sieht meistens ein Logo vor sich, das auf einheitlich gestaltete Drucksachen oder Werbemittel appliziert wurde. Natürlich – die Corporate Website und Social Media Posts gehören heute auch noch dazu. Warum es aber höchste Zeit wäre, das Branding und seine Umsetzung zuerst aus Sicht der digitalen Kanäle zu denken, erklärt uns Nicolai Spicher, Digital Designer bei allink.

In Branding und Werbung wird immer noch gerne von digitalen und klassischen Medien gesprochen. Warum ist diese Unterscheidung überholt? 

Aus Markensicht sollte man offline und online nicht als verschiedene Welten betrachten. Inhalte wie Bild und Text funktionieren auf sämtlichen Medien. Es geht am Ende immer darum, Authentizität und Vertrauen aufzubauen. Und da kommt es nicht darauf an, ob diese Botschaft auf Papier oder auf einem Bildschirm vermittelt wird. Zudem wechseln die Berührungspunkte mit einer Marke dauernd. Das heisst, wir nehmen eine Marke über die unterschiedlichsten Kommunikationsmassnahmen wahr, was dann bei uns im Kopf zu einem Gesamtbild oder einer Haltung gegenüber der Marke zusammengefügt wird.

Wie wähle ich denn in der heutigen Medienvielfalt die richtigen Kanäle? 

Man sollte bedenken, welches die richtigen Kanäle für die eigene Marke sind und auf welchem Kanal was gepostet werden soll, da sich nicht jeder Kanal für dieselben Dinge eignet. Hier kann die falsche Strategie der Marke schaden. Auch sollte eine Überflutung mit Inhalten vermieden werden, da die Konsumentinnen und Konsumenten ansonsten durch die Überforderung abgestumpft werden und die Massnahmen im allgemeinen Gelärme untergehen.

 «Gestalterische Elemente, die im digitalen Raum funktionieren, sind meist auch in der analogen Welt problemlos adaptierbar. Umgekehrt wird das oft schwieriger.»

Wo fängt man denn am besten an – zum Beispiel bei einem Rebranding?

Generell ist ein Digital First Ansatz zu empfehlen, da die Website – oder das ganze digitale Spektrum allgemein – der umfangreichste, komplexeste und variabelste Bestandteil im Branding ist. Sprich: Gestalterische Elemente, die im digitalen Raum funktionieren, sind meist auch in der analogen Welt problemlos adaptierbar. Umgekehrt wird das oft schwieriger. Print ist viel weniger komplex – und naturgemäss auch um einiges älter, somit sind die potenziellen Hürden eher gelernt.

Und wo endet das digitale Denken beim Branding? 

Da die Menschen immer mehr Zeit auf digitalen Kanälen verbringen, sollte das Branding in erster Linie für diese Kanäle optimiert werden. Natürlich trifft das nicht auf sämtliche Branding-Projekte zu: Existiert eine Marke vor allem in Form von physischen Produkten, stehen diese im Vordergrund. Gerade beim Packaging Design von Lebensmitteln und anderen Konsumgütern hat man häufig keine Website zum Produkt, da die Kaufentscheidung vor allem vor Ort im Laden und anhand der Verpackung getroffen wird.

Welche Tücken gilt es beim Digital-First-Ansatz zu beachten?

Während das Layout einer Website noch am ehesten Parallelen zum Print aufweist, ist die Responsiveness wohl einer der grössten Unterschiede. Das heisst: Die Website passt sich flexibel dem Gerät an – vom Smartphone bis zum Desktop. Somit muss auch die User-Führung überall gleich gut funktionieren. Ein interaktives Element wie ein Button muss eindeutig als solches zu erkennen sein. Und auch andere interaktive Bereiche müssen klar offenbaren, dass sie klickbar sind oder ein Dropdown-Menü öffnen und so weiter. Erschwerend hinzu kommen unterschiedliche Browser-Typen und individuelle Einstellungen. Und nicht zuletzt bergen Websites, die sich vom Kunden via CMS editieren lassen, immer auch das Risiko, dass Elemente verschoben oder gelöscht werden. Kurz: Die ursprünglich bis ins Detail sauber designte Corporate Website kann zur unkontrollierbaren Baustelle werden. (lacht)

Das klingt anspruchsvoll – gerade aus Sicht des Screendesigns. An was kann man sich denn noch halten inmitten all dieser Variablen?

Viele grafische Prinzipien gelten seit 100 Jahren und funktionieren nach wie vor gut. Natürlich muss man diese um bestimmte Elemente ergänzen, um den oben genannten Ansprüchen gerecht zu werden. Das sind meistens zusätzliche Grautöne oder ähnliche neutrale Farben, um die Dichte an Informationen nicht zu einer schwarzen Bleiwüste verkommen zu lassen. Oft helfen auch zusätzliche Schriftgrössen, gerade wenn die Inhaltsstrukturen komplexer werden, ermöglichen unterschiedliche Schriftgrössen und Schriftschnitte, die Informationen durch klare Hierarchien zu ordnen.

Wie sollte man generell vorgehen, damit sich eine Digital-First-Strategie im Branding möglichst effizient umsetzen lässt? 

Für die Konzeption und das Design müssen von Anfang an die Chancen und Beschränkungen der digitalen Kanälen miteinbezogen werden. Man sollte sich aber nicht durch jedes einzelne Medium bei seiner Idee einschränken lassen. Würde man sämtliche Kanäle berücksichtigen und nur Designelemente und Inhalte verwenden, die exakt 1:1 auf jedem Kanal funktionieren, käme wohl kaum eine herausragende Kampagne oder begeisternde Lösung zustande. Stattdessen sollte man die Stärken der einzelnen Medien nutzen und das Branding für diese optimieren.

Anders gesagt: Printumsetzungen sollten einen nicht davon abhalten, auf einer Website mit Bewegtbildern zu arbeiten, wie zum Beispiel kurzen Brand Spots. Viel wichtiger ist, dass markenrelevante Inhalte einheitlich kommuniziert werden, dass es aber Unterschiede in Form der Vermittlung geben darf. Kann man dies klar definieren und schlüssig über alle Kanäle umsetzen, entsteht eine stringente und einheitliche Aussenwahrnehmung der Marke.


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